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Vergaberecht als Hebel für Gleichstellung in öffentlichen Ausschreibungen

  • Autorenbild: Tanja Pöltl
    Tanja Pöltl
  • 29. März
  • 4 Min. Lesezeit

Wusstet ihr, dass bei öffentlichen Aufträgen auch die Gleichstellung von Frauen und Männern gezielt gefördert werden kann? 


Ich habe einen Blick auf ein oft übersehenes, aber äußerst wirkungsvolles Instrument der Gleichstellungspolitik geworfen: das Vergaberecht!


Das Bundesvergabegesetz (BVergG 2018) bietet konkrete Möglichkeiten, Frauenförderung bei der Auftragsvergabe zu berücksichtigen - vom "Wiener Modell" der sozialen Ausführungsbedingungen bis hin zu gendersensiblen Zuschlagskriterien:


„Ein innovativer Meilenstein wurde mit dem Projekt zur Koppelung öffentlicher Aufträge der Stadt an frauenfördernde Maßnahmen gesetzt. Die Vergabe öffentlicher Aufträge ist ein wichtiger Hebel, um in den Wiener Betrieben Gleichstellungsmaßnahmen zu initiieren.“ 

(Quelle: Stadt Wien | Frauenservice Wien)

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Darum arbeite ich unter Anderem so gerne an öffentlichen Ausschreibungen – sie sind nicht nur aufgrund der vielseitigen Anforderungen komplex und fordernd, sondern stiften SINN und WERT für Auftraggeber und Gesellschaft.


In meinem neuen Artikel beschreibe ich, wie öffentlicher Auftraggeber und Bieter gleichermaßen von Frauenförderungsmaßnahmen profitieren können und welche praktischen Umsetzungsmöglichkeiten das Gesetz bietet.


Gleichstellung fördern mit öffentlichen Ausschreibungen

Die öffentliche Auftragsvergabe kann als wirksamer Katalysator für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Wirtschaft dienen. Ein dabei oft übersehenes, aber hocheffektives Instrument ist die öffentliche Auftragsvergabe – ein Hebel, der jährlich Milliarden bewegt und entsprechend Veränderungspotential mit sich bringt.


Vergabemacht nutzen: Wirtschaftliche Gestaltungskraft für gesellschaftlichen Fortschritt

Mit einem Anteil von knapp 15 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist die öffentliche Auftragsvergabe ein wirtschaftlicher Gestaltungsfaktor von fundamentaler Bedeutung.


Während das Vergaberecht primär einen effektiven und transparenten Wettbewerb gewährleisten soll, bietet es gleichzeitig bemerkenswerte Möglichkeiten zur Förderung gesellschaftlicher Ziele.


  1. Rechtlicher Rahmen: Das österreichische Vergaberechtsgesetz

Im österreichischen Vergaberecht nimmt die Frauen- und Gleichstellungsförderung eine starke Position ein. Das Bundesvergabegesetz 2018 (BVergG 2018) berücksichtigt in § 20 Abs. 6 explizit die Möglichkeit, bei der Vergabe von Aufträgen auf die Beschäftigung von Frauen Bedacht zu nehmen:


"Im Vergabeverfahren kann auf die Beschäftigung von Frauen, von Personen im Ausbildungsverhältnis, von Langzeitarbeitslosen, von Menschen mit Behinderung und älteren Arbeitnehmern sowie auf Maßnahmen zur Umsetzung sonstiger sozialpolitischer Belange Bedacht genommen werden..."


Zudem nennt § 110 Abs. 1 Z 13 frauenpolitische Belange als mögliche Vertragsbestimmungen, und § 93 normiert die Einhaltung sozialrechtlicher Bestimmungen – wobei ausdrücklich auch auf frauenpolitische Belange über die zwingenden gesetzlichen Vorschriften hinaus Bedacht genommen werden kann.


  1. "Gender Procurement": Drei praktische Wege zur Gleichstellungsförderung

Besonders vorbildlich hat die Stadt Wien mit ihrem Pilotprojekt "Frauenförderung und Gender-Aspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge" konkrete Umsetzungsstrategien entwickelt. Aus der Praxiserprobung haben sich drei wirksame Instrumente herauskristallisiert:


  1. Soziale Ausführungsbedingungen mit Gleichstellungswirkung


📍Bei Dienstleistungsaufträgen ab 50.000 Euro mit mindestens sechsmonatiger Laufzeit können Auftragnehmer mit mehr als 20 Beschäftigten vertraglich zur Umsetzung konkreter Frauenförderungsmaßnahmen verpflichtet werden.

📍Aus einem Katalog bewährter Maßnahmen wählen die Unternehmen – je nach Größe – drei bis vier konkrete Maßnahmen aus. Die Umsetzung wird während der Auftragsausführung überprüft und mit Vertragsstrafen abgesichert.


  1. Gender-Aspekte in den Zuschlagskriterien verankern


📍Das "Bestangebotsprinzip" ermöglicht es, neben dem Preis weitere qualitative Kriterien in die Vergabeentscheidung einzubeziehen.

📍Hier können gezielt gleichstellungsfördernde Aspekte integriert werden, beispielsweise durch besondere Bewertung von Konzepten, die auf die spezifischen Bedürfnisse beider Geschlechter eingehen, oder durch die Berücksichtigung von Genderkompetenz bei Schlüsselpersonal.


  1. Gendersensible Bedarfsplanung von Anfang an


📍Bereits in der Vorbereitungsphase einer Ausschreibung – bei Bedarfserhebung, Beschaffungsplanung und Leistungsbeschreibung – können Gleichstellungsaspekte berücksichtigt werden.

📍So kann etwa bei der Ausschreibung einer Studie verlangt werden, dass unterschiedliche Lebensumstände von Frauen und Männern differenziert analysiert werden.


Vorteile für alle Beteiligten trotz rechtlicher Herausforderungen

Die Integration von Gleichstellungsförderung in die öffentliche Auftragsvergabe muss natürlich die vergaberechtlichen Prinzipien der Sachgegenständlichkeit, Verhältnismäßigkeit und Nicht-Diskriminierung beachten. Doch der Gesetzgeber selbst unterstreicht in seinen Erläuterungen zum Gesetz die Anwendbarkeit von Gleichstellungskriterien und beseitigt damit potenzielle Rechtsunsicherheiten.


Die Erfahrung zeigt: Es entsteht eine Win-Win-Situation. Der öffentliche Sektor nutzt seine Marktmacht für gesellschaftlichen Fortschritt, während auftragsnehmende Unternehmen von den positiven Effekten der Gleichstellung profitieren – von verbessertem Betriebsklima bis hin zu gesteigerter Innovationskraft durch diverse Teams.


Mittlerweile haben verschiedene europäische und nationale Einrichtungen Leitfäden und Checklisten zur Berücksichtigung von Kriterien der Frauen- und Gleichstellungsförderung in der öffentlichen Auftragsvergabe erarbeitet. Der eigens dafür geprägte Begriff "Gender Procurement" oder "gender-sensitive procurement" verdeutlicht die wachsende Bedeutung dieses Ansatzes.


🌟 Fazit: Es lohnt sich daher, das Potential der öffentlichen Auftragsvergabe als Instrument der Gleichstellungsförderung neu zu entdecken und konsequent zu nutzen – immerhin gestalten wir damit nicht nur einzelne Vergabeverfahren, sondern unsere Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes. 🌟


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Willst du verstehen, wie du deine bereits implementierten Frauenfördermaßnahmen im Zuge von Konzepten klar und überzeugend für öffentliche Auftraggeber präsentieren kannst?


Neben meiner Bid Management Expertise und Erfahrung aus dem öffentlichen Angebotswesen verfüge ich auch über das Gender Mainstreaming und Managing Diversity Zertifikat.


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Inhaltliche Quellen: Bundesvergabegesetz 2018 (unter ris.gv.at abrufbar) sowie wien.gv.at (Frauenförderung und Gender-Aspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge) zum Pilotprojekt der Stadt Wien zur Frauenförderung bei öffentlichen Aufträgen

 

 
 
 

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